Predigt zu Johannes 9.......................21.07.13

Johannes 09, 1-7

 

9,1 Und Jesus ging vorüber und sah einen Menschen,

der blind geboren war.

 

9,2 Und seine Jünger fragten ihn und sprachen:

Meister, wer hat gesündigt, dieser oder seine

Eltern, daß er blind geboren ist?

 

9,3 Jesus antwortete: Es hat weder dieser gesündigt

noch seine Eltern, sondern es sollen die Werke

Gottes offenbar werden an ihm.

 

9,4 Wir müssen die Werke dessen wirken, der

mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt

die Nacht, da niemand wirken kann.

 

9,5 Solange ich in der Welt bin, bin ich das

Licht der Welt.

 

9,6 Als er das gesagt hatte, spuckte er auf die

Erde, machte daraus einen Brei und strich den

Brei auf die Augen des Blinden.

 

9,7 Und er sprach zu ihm: Geh zum Teich Siloah

- das heißt übersetzt: gesandt - und wasche dich!

Da ging er hin und wusch sich und kam sehend wieder.

 

 

 

Liebe Gemeinde,

 

Was erwarten Sie von mir, als Predigerin, wenn ausgerechnet ich über diesen Text predigen soll? Einen Text, wo das Thema Behinderung sehr kritisch thematisiert wird. Eine ganz normale Predigt, die auch aus dem Internet heruntergeladen sein könnte oder eine persönliche Stellungnahme? Ich werde nicht umhin kommen, mich selbst da mit einzubringen, aber trotzdem werde ich versuchen, dem Evangelium und der frohen Botschaft treu zu bleiben.

 

Sie merken schon an dieser Vorrede, ich habe arge Probleme mit diesem Text. Ja ich stoße mich an ihm und sie werden auch bald merken, warum.

 

Wer ist schuld? Wer ist schuld an allem Leid, aller Not dieser Welt? Wer ist schuld, wenn uns oder unseren Lieben Schlimmes widerfährt, wenn Schicksalsschläge unser Leben zeichnen? Fragen, die von Alters her die Menschen bewegt und umgetrieben haben. Fragen auf die wir, solange wir hier auf Erden leben, keine befriedigende Antwort bekommen werden.

 

Oder gibt unser heutiger Predigttext uns eine Antwort? Ja, er gibt uns zwar eine Antwort, aber ich muss gestehen, mich als selbst Betroffene, als Mensch, der selbst mit einer Behinderung aufgewachsen ist und nun damit lebt, befriedigt diese Antwort Jesu ganz und gar nicht. Nein, mich ärgert sie richtig. Allenfalls der Satzteil: "Es hat weder dieser gesündigt, noch seine Eltern", ist ja in Ordnung. Er entlastet uns von der Erbsünde und befreit uns davon, Krankheit und Behinderung als Strafe anzusehen. Aber unser Satz geht ja noch weiter: "...sondern es sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm." Die Werke Gottes sind Helfen und Heilen, also klassische Diakonie. Also bin ich, sind Menschen mit Behinderung nur deshalb behindert, damit andere an ihnen diakonisch tätig werden können und dann gut vor sich selbst und gut vor Gott dastehen? Das finde ich aus meiner Sicht heraus sehr sehr schwierig. Wo bleibt da Integration oder gar Inklusion? Das drängt Menschen mit Behinderung in die totale Passivität. Sie müssen sich ganz und gar dem ergeben, der gute Werke an ihen tut. Das ist eine Einstellung, die ich einfach ganz fürchterlich und schlimm finde, die passt ganz und gar nicht zu meinem Leben, das von Aktivität geprägt ist oder zum Leben der vielen anderen Menschen mit Behinderungen, wo wir tagtäglich ihre Selbständigkeit und Eigenständigkeit fördern.

 

Nun könnte man sagen: ja, dieser Text ist historisch zu sehen. Zur Zeit Jesu war das eben so. Da hatten Menschen mit Behinderungen eben keine Chance, keine Lobby. Ihre einzige Aufgabe war es eben, da zu sitzen und zu betteln, also passiv zu sein. Und die Hauptaufgabe derer die vorüber eilten, war es eben, ihnen Almosen zu geben, aktiv zu sein, für sie zu sorgen.

 

Das ist ja alles gut und schön, aber über diesen Text wird heute gepredigt, 2013 im Zeitalter der Inklusion. Darum ist zu fragen, was sind Aussagen dieses Textes, woran ich mich nicht nur stoße? Aussagen, die mir, die uns allen Halt und Kraft geben für unser Leben, für unser Handeln in dieser Welt, Egal, ob wir nun von einer Behinderung betroffen sind oder nicht. Ganz inklusiv, eben heute, 2013?

 

„Wir müssen die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat, solange es Tag ist, sagt Jesus. Es kommt die Nacht, da niemand wirken kann. Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.“ Das, so finde ich, ist die Aussage, die uns heute Kraft und Mut zum Handeln gibt. Ja, wir sollen handeln im Sinne Gottes. Ja, jeder nach seinen Möglichkeiten, mehr noch, wir sollen wirken. Wenn etwas wirkt, verändert sich etwas nachhaltig, wenn wir es auf Medizin beziehen, die wirkt, dann heilt da etwas. Wir sollen also, wenn wir die Worte Jesu hier ernst nehmen, die Welt verändern, sie zum Besseren führen. Natürlich jeder und jede in seinem Rahmen und nach seinen Möglichkeiten.

 

Und Jesus sagt weiter: Wir können nur wirken, solange es Tag ist. Und er meint damit mehr als nur den Tag, der eingeteilt ist in 24 Stunden, er meint damit, solange er, das Licht der Welt mit uns ist, können wir handeln und wirken. Solange Gottes guter Geist mit uns ist, kann unser Tun gedeihen. Schon die Psalmen wissen: „Verbirgst du dein Angesicht, so erschrecken sie; nimmst du weg ihren Odem, so vergehen sie und werden wieder Staub.“

 

Auch in diesem Text geht es wieder einmal um Leben und Tod, um Tag und Nacht, ja dieser Text möchte uns sagen, wir sind abhängig von der Nähe Gottes, unser Tun und Lassen, unser ganzes Sein ist abhängig von dem Wirken Gottes.

 

An dem Blinden dort ist das ganz augenscheinlich zu erkennen, er ist permanent abhängig von anderen, die ihm den Weg zeigen und ihn führen, damals zwar sehr viel extremer als heute, aber auch blinde Menschen heute sind in vielen Bereichen nach wie vor auf sehende Hilfe angewiesen.

 

Doch indem Jesus sagt, ihr könnt nur wirken, solange es Tag ist, solange das Licht, Gott selbst in der Welt ist und uns beisteht, weitet er diese existentielle Abhängigkeit des Blinden aus auf uns.

 

Wo Gott nicht ist, ist kein Leben, heißt das im Umkehrschluss. Wo Gott nicht ist, ist Nacht. Das merken wir besonders in Grenzsituationen unseres Lebens. Was sagen wir Trauernden, die nicht an Gott glauben? -Nichts- Welche Hoffnung können wir da als Trost weiter geben? -Keine-

 

Wo Gott nicht ist, können wir nicht wirken, nicht leben, nicht hoffen, nicht glauben. Das ist die Kernaussage dieses Textes, die für alle Menschen gleichermaßen gilt. Ganz und gar inklusiv gedacht. Gut ist der beraten, der den Sohn kennt, denn den kennt auch der Vater. Und der kann hoffen, glauben, leben. Gut beraten sind wir.

 

Ja, unser Leben hat ein Ziel und unsere Sorgen und Nöte haben eine Adresse, an die wir uns wenden können. Wo wir klagen und schimpfen dürfen und jubeln und uns freuen. Alles hat hier seinen Ort, seinen Raum, bei unserem Schöpfer und Erhalter.

 

Bleiben wir also an seiner Seite in Freud und Leid, so bleibt er auch bei uns und es wird nicht Nacht. Oder, auch in unseren dunkelsten Nächten leuchtet immer noch sein Licht. So sind wir nie ganz verloren.

 

 

Barbara: Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft,

der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus

Amen


Predigt zu Johannes 17....................16.06.13

Predigt: Joh 17, 20-26

 

17,20 Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern

auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben

werden,

 

17,21 damit sie alle eins seien. Wie du, Vater,

in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie

in uns sein, damit die Welt glaube, daß du mich

gesandt hast.

 

17,22 Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben,

die du mir gegeben hast, damit sie eins seien,

wie wir eins sind,

 

17,23 ich in ihnen und du in mir, damit sie

vollkommen eins seien und die Welt erkenne, daß

du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich

liebst.

 

17,24 Vater, ich will, daß, wo ich bin, auch

die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit

sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben

hast; denn du hast mich geliebt, ehe der Grund

der Welt gelegt war.

 

17,25 Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht;

ich aber kenne dich, und diese haben erkannt, daß

du mich gesandt hast.

 

17,26 Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan

und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der

du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.

Liebe Gemeinde,

 

„ich in Dir und Du in mir“ haben wir eben gesungen und werden es im Anschluss an diese Predigt noch einmal singen. Ein kleiner, schlichter Kanon mit ganzen sieben Wörtern, er drückt die ganze Botschaft aus, die in diesem Text des Johannes-Evangeliums steckt.

 

„ich in Dir und Du in mir“ was ist damit überhaupt gemeint? Unser heutiger Predigttext ist den Abschiedsreden Jesu entnommen.

 

Ein Predigttext zum Thema Abschied, mitten im Sommer? Fern ab von Ewigkeitssonntag oder der Passionszeit? Abschiede prägen nun einmal unser ganzes irdisches Leben und das auch im Frühjahr oder Sommer. So ist dieser Text nun einmal Predigttext für diesen Sonntag und Gott weiß, warum. Er möge uns nun die Kraft dazu geben, etwas Gutes daraus zu machen und frühlingshafte oder sommerliche Freude und Hoffnung daraus zu schöpfen, die uns dann auch im Winter und in dunklen Zeiten trägt.

 

Abschiede, endgültige Abschiede sind schwer, tun uns Menschen oft bis ins Innerste weh, reißen Wunden, die oft erst langsam wieder heilen müssen. Wenn wir bewusst und vorbereitet von lieben Menschen Abschied nehmen, geht es ums Ganze. So wird es auch bei Jesus gegangen sein. Jesus, der Abschied nehmen muss von seinen Jüngern und von den Menschen, die er liebt. Es geht ums Ganze, um Existenz. Jesus betet zu seinem und unseren Vater für die, die er liebt. Für die, die sein Vater liebt. Für uns.

 

Jesus bittet um Einheit, aber nicht so halbherzig, wie wir das oft tun, wenn es z.B. um Ökumene geht, wo wir im Grunde wissen, da werden immer Dinge bleiben, die uns voneinander trennen. Nein, Jesus bittet in diesen Versen um völlige und vollkommene Einheit, er bittet darum, dass wir eins seien, eins untereinander, eins mit Jesus, eins mit Gott.

 

Eins sein untereinander, geht das überhaupt unter uns Menschen, die wir so unterschiedlich sind? Bei einer Eheschließung wird uns das zugesprochen. Aber geht das? Hält das ein leben lang? Bedeutet Eins-sein, dass der andere seine ganz persönliche Identität zurückschraubt oder gar aufgibt? Das kann auf Dauer nicht gut gehen und wenn ich es mir recht überlege, kann das auch hier nicht gemeint sein. Kommt Eins-sein nicht viel mehr von dem Begriff „sich einig sein“? Wenn wir uns untereinander einig wären in den grundlegenden Fragen unseres Lebens und Glaubens, dann müssten wir uns nicht verbiegen, verstellen oder unsere Identität aufgeben. Wir könnten unsere Unterschiedlichkeit bewahren und wären trotzdem eins. Eins, wenn es ums Ganze geht.

 

Aber warum sollen wir uns einig sein wenn es um grundlegende Fragen unseres Lebens geht? Oder, was ist überhaupt damit gemeint, wenn ich sage, es geht ums Ganze?

Der Evangelist Johannes beschreibt es so: „Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast.“ Andere Übersetzungen haben Herrlichkeit mit dem Wort Heil übersetzt. Jesus hat uns sein Heil verkündigt, er hat uns die Hoffnung ins Herz gelegt, auf eine Welt, die heil ist, in der alles gut ist, aller Schmerz überwunden, alle Sehnsüchte gestillt sind. Darum geht es, wenn ich sage, es geht ums Ganze. Um diese große Hoffnung, die Gott in Jesus in unser Herz gelegt hat und die uns im Hier und Jetzt schon freier und fröhlicher leben lässt. Trotz aller Anfechtung, allen Schicksalsschlägen, allem Kummer, der um das Leben eines Christenmenschen ja auch keinen Bogen macht. (Höchstens einen Regenbogen, als Zeichen, dass Gott trotz allem bei uns ist.) Diese Hoffnung leuchtet uns voran in allem, was uns widerfährt, darum bittet Jesus hier in unserem Predigttext.

 

Und Jesus bittet um etwas noch Tieferes, er bittet darum, dass er in uns sein soll. „ich in Dir und Du in mir“ haben wir eben gesungen. Jesus bittet, dass er und der Vater in uns Wohnung nehmen dürfen. Das hört sich ziemlich mystisch an, aber ich stelle es mir so vor, dass der, der diese Hoffnung von Gottes Heil für diese Welt oder von Gottes geheilter, neuer Welt ganz tief in sich trägt, der trägt Gott in sich, in dem wirkt und lebt Gott.

 

Der Theologe Anselm Grün stellt sich das so vor, dass wir, jeder von uns einen Raum der Stille in unserem Herzen haben, wo nur jeder einzelne von uns und Gott Zugang zu haben. Schaffen wir es, Zugang zu diesem Raum zu bekommen, kommen wir zur Ruhe, können Gottes Nähe spüren, mit Gott reden und in Kontakt treten.

Wer so ein Gespür für sich selbst, sein Innerstes, seine Seele bekommt, in dem lebt Gott. Ich wünsche es uns, dass wir mit den Jahren eine Sensibilität dafür entwickeln. Ich glaube, das ist ein lebenslanges Lernen und Üben.

 

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Jesu Gebet geht noch weiter. Er spricht hier aus, was wir uns wohl ziemlich oft wünschen, wenn wir von geliebten Menschen Abschied nehmen müssen. Er sagt: „Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben

hast.“ Er greift damit etwas vor und meint damit die Ewigkeit, das ewige Leben bei Gott. Ist das nicht tatsächlich auch einer unserer tiefsten Wünsche, dass wir die, die uns hier nahe stehen, oder standen dort wieder sehen.

 

Für mich ist die schönste Hoffnung, die sich mit der Ewigkeit verbindet, dass es diese Trennung, diesen Abschied, diesen Schmerz nicht mehr geben wird, der immer und immer wieder unser Leben prägt und oft so schwer macht. Dass wir dort einfach zeitlos zusammen leben können mit denen, die uns hier lieb und teuer sind und waren.

 

Jesus hat beim Vater darum gebeten, darum können wir hoffen. Jesus bittet aber nicht nur für diese „himmlische Vereinigung“, er bittet darum, dass wir die Herrlichkeit Gottes, das Heil für diese Welt schauen und erleben werden. Also ist auch unsere Hoffnung für diese Welt durchaus in diesem Textabschnitt gerechtfertigt.

 

Im letzten Teil seines Gebetes kommt Jesus quasi von der Ewigkeit wieder zurück in die irdische Realität, in die Welt. Eine Welt, die ihn nicht erkannt hat und bis heute nicht erkennt. Etwas erinnert dieser Vers an den sogenannten Johannes-Prolog, mit dem das Johannes Evangelium beginnt. Hier heißt es:

 

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.

In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen.

Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben.

 

Jesus sagt in unserem Predigttext: die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Er bittet für die, die erkannt haben, dass er gesandt wurde, er bittet für die, die ihn erkannt haben. Und erkennen in der Bibel heißt immer soviel wie lieben. Er bittet für die, die ihn lieben, die ihn in ihren Herzen tragen, weil er ihnen das Heil für diese Welt verkündigt hat. Und weil er ihnen, wie es im letzten Vers unseres Predigttextes heißt, seinen Namen, den Namen Gottes kundgetan hat. Der Name Gottes der da heißt: „Ich bin da“. Wir erinnern uns. Und wenn wir diese wunderbare Verheißung dieses Namens kennen, dann kennen und lieben wir Vater und Sohn und dann hat sich bereits erfüllt, was Jesus sich für seine Jüngerinnen und Jünger damals gewünscht hat und sich bis heute auch für uns wünscht. dann tragen wir Gott in unseren Herzen, dann darf Gott in uns wohnen.

 

Barbara: Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft,

der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus

Amen

 

Wir wollen nun unseren kleinen Kanon noch einmal singen. Vielleicht singen Sie ihn jetzt mit einem etwas anderen Blick als vorher.

 

 

 


Predigt zu Jesaja 60.........................06.01.13

Predigt: Jes 60, 1-6

60,1 Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht

kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf

über dir!

 

60,2 Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich

und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der

HERR und seine Herrlichkeit erscheint über dir.

 

60,3 Und die Heiden werden zu deinem Lichte

ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir

aufgeht.

 

60,4 Hebe deine Augen auf und sieh umher:

Diese alle sind versammelt und kommen zu dir.

Deine Söhne werden von ferne kommen und deine Töchter

auf dem Arme hergetragen werden.

 

60,5 Dann wirst du deine Lust sehen und vor Freude

strahlen, und dein Herz wird erbeben und weit werden,

wenn sich die Schätze der Völker am Meer zu dir

kehren und der Reichtum der Völker zu dir kommt.

 

60,6 Denn die Menge der Kamele wird dich bedecken,

die jungen Kamele aus Midian und Efa. Sie werden

aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch

bringen und des HERRN Lob verkündigen.

Liebe Gemeinde,

 

das neue Jahr mit einer solchen Verheißung beginnen zu dürfen, ist schon ein großartiges Geschenk.

 

Wir sind angesprochen, jeder einzelne von uns, von einem ICH zu einem DU. Unser Gott spricht jeden einzelnen als Du, als Individuum an, als Kind, als sein Eigen.

 

Natürlich wissen wir, der Prophet spricht hier eigentlich Zion an, die Stadt oder das Volk Israel. Aber lassen wir es doch zunächst einmal so stehen, dass dieses Prophetenwort jedem einzelnen ganz persönlich und individuell zugesprochen wird.

 

Der Prophet tritt hier auf und spricht im Namen Gottes. Ja, er leiht quasi Gott seine Stimme, damit Gottes Wort auf Erden hörbar wird und hörbar bleibt. Auch ein Aspekt unseres Predigttextes, den es lohnt, einen Moment zu betrachten:

 

Auch wir leihen Gott unsere Stimme, wenn wir singen oder Bibeltexte lesen und ich möchte Sie an dieser Stelle ermutigen, es weiterhin zu tun, allem Lärm unserer Zeit zum Trotz. Auch wenn Sie Bibeltexte für sich lesen, lesen Sie sie grundsätzlich laut. Ihr Gehirn wird sie anders aufnehmen. Jedes gehörte Wort dringt tiefer in unser Gemüt ein, als etwas stumm Gelesenes. Außerdem bleibt dadurch Gottes Wort in dieser Welt hörbar und lebendig. Sonst verstummt es einst. Sonst wird Gott einst stumm in dieser Welt.

 

Aber nun zurück zum Text: Wir sind hier angesprochen mit einer wunderbaren Verheißung. Das heißt, zunächst einmal mit einer Aufforderung:

 

Mache dich auf, werde licht;

denn dein Licht kommt,

und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir!

 

Mache Dich auf, setze Dich in Bewegung. Los, tu etwas. Aber nicht ohne Grund, nicht ohne Ziel und Sinn, sondern weil Gott handelt, er kommt uns entgegen, er kommt auf uns zu. „Schon hört ihr Gottes Schritt, ihr dürft Euch jetzt nicht mehr verlassen wähnen“ haben wir eben gesungen.

 

Da ist Dynamik drin. Unser Gott kommt, wenn wir bereit sind, uns aufmachen, ihm entgegen. Und wir werden licht, werden, wenn wir ihm entgegen treten. Es wird ein Licht, eine Klarheit sein, die uns zunächst einmal richtet, uns durchschaut, wo unsere Schattenseiten ans Licht kommen, weil sie vor diesem Licht nicht bestehen können. Aber lassen wir es zu, dass dieses Licht in unserem Leben Raum einnimmt, ja, unser Leben be- und durchstrahlt, dann werden wir selbst auch unsere Schattenseiten nicht mehr bedrohlich oder ärgerlich empfinden, sondern sie annehmen und akzeptieren können. Wir werden sie diesem Licht, diesem Gott hinhalten, damit er sie in Liebe ansieht und heilen kann. So kann ich dann wirklich licht werden, was hier soviel heißt wie hell, klar, fröhlich, eindeutig. Erhellt durch Gottes Zuspruch. Klar, weil ich ein Ziel vor Augen habe, weil ich weiß, auf was oder wen mein Leben zuläuft. Fröhlich im Glauben. Und eindeutig, weil ich weiß, zu wem ich gehöre. So kann ich ein Licht werden für andere, wie es unser Text fordert. Ein Licht für diese Welt, die dieses Licht bitter nötig hat.

 

Denn, wir hören und lesen weiter:

 

siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker;

aber über dir geht auf der HERR und

seine Herrlichkeit erscheint über dir.

 

Ja, das ist unsere Realität, unsere Welt ist finster. Es ist die Welt von Kain und Abel, von Gewalt, Habsucht, Neid, Mord und Tod. Wir brauchen nur die Zeitung aufzuschlagen. Kain und Abel, sie stehen für das, wozu der Mensch, der von der Ewigkeit getrennt hier auf Erden lebt, grundsätzlich fähig ist. Sie stehen für das, was hier auf Erden los ist. Finsternis! - Und doch hat unser Vers hier ein „Siehe“ und ein „Aber“.

 

Siehe, halte doch einen Moment mal inne. Hier wird etwas Außergewöhnliches gesagt. Das Wort „Siehe“ wird in der Bibel ganz häufig benutzt, wenn Gott eingreift, wenn etwas Besonderes geschieht. Das Besondere hier ist eigentlich das „aber“. Auf Erden ist es finster, und die Grundstimmung unserer Mitmenschen ist, dass alles nur noch schlimmer wird. Aber über Dir geht auf der HERR und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Wenn Du an den glaubst, der Dich erschaffen hat, gibt es für Dich eine weitere Realität, als die, die vor Augen steht. Es gibt für Dich die Realität Gottes in dieser Welt. Den hellen Morgenstern, der gerade im tiefsten Dunkel der Nacht am hellsten leuchtet.

 

Das heißt, unser Glaube blendet die Wirklichkeit der Welt, die uns umgibt nicht einfach aus. Im Gegenteil, unser Glaube gibt sich nicht zufrieden mit der Welt, wie sie ist, wird niemals gleichgültig, denn er verspürt eine tiefe Sehnsucht nach Verbesserung, weil er den kennt, der letztendlich alles in Händen hält und letztlich wenden kann.

 

Das ist die große Hoffnung, das große „Aber“, das diejenigen der Welt entgegen zu setzen haben, die sich zu diesem Gott bekennen.

 

Ohne dieses „Aber“, ohne diesen hellen Morgenstern, sähe unsere Welt wahrlich finster aus. Darum gilt es, sich aufzumachen dieses Licht auszubreiten in der Welt, Tag für Tag und in jedem Jahr neu, in alle Winkel unseres Alltags hinein, zu den Menschen, die uns begegnen. Wir müssen hier nicht gleich theologisch werden oder versuchen zu missionieren, eine ruhige, fröhliche Grundstimmung, die von einer tiefen Gelassenheit und einem Geborgensein in Gott zeugt, ist schon genug.

 

Unser Predigttext geht noch weiter. Die vier folgenden Verse berichten, wie Völker und Reichtümer, ja, sogar Könige zu dem kommen, der Licht ist. Das auf jeden einzelnen von uns zu beziehen, wäre etwas anmaßend. Es ist eben eine Verheißung an Zion, an die Stadt Gottes, oder an das Volk Gottes, das aus der Finsternis des Exils zurückkehren wird und dann wieder Licht werden wird.

 

Interessant ist jedoch der Schluss. Diese alle, die da kommen mit Geschenken und Reichtümern aus fernen Ländern. Sie kommen nicht, um ihre Gaben zu überbringen. Sie kommen, um des HERRN Lob zu verkündigen.

 

Ist das nicht eine tolle Konsequenz? Ich werde nicht Licht, damit ich am Ende gut dastehe, sondern, damit die, die vielleicht durch mich von diesem Licht erfahren haben, das diejenigen Gottes Lob verkündigen. Wie schön wäre das und wie wunderbar wäre es, wenn uns das hin und wieder in diesem gerade angefangenem Jahr 2013 gelingen könnte.

 

Als Zeichen dafür gibt es nachher am Ausgang kleine Hoffnungslichter. Und als Stärkung für diese Aufgabe, feiern wir nun das heilige Abendmahl.

 

Barbara: Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft,

der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus

Amen